Das Kosmolog

Augenblicke in _meinem_ Kosmos
Online seit  dem  09. November 2001
 
 

 

 
  Montag, Juni 17, 2002  
 

 
 
Bananarama


Ist Euch schon mal aufgefallen, dass die Bananen alles andere Obst beherrschen? Geht einfach in den nächsten Supermarkt und seht auf der Kundenwaage der Obstabteilung nach, welche Nummer die Bananen haben. Ich verwette eine Bananenstaude, dass es die Taste "1" ist. Und das in _jedem_ Supermarkt. Ist doch verdächtig, oder? Heute ist mir beim Obst kaufen aufgefallen, dass die Taste für die Bananen sogar mit Tesafilm repariert war, weil sie so abgenutzt ist. Die Tasten für Birnen oder Weintrauben glänzten jungfräulich wie an dem Tag, als Gott das ganze niedere Obst erschaffen hat (war das der Mittwoch? Weiss das jemand?). Warum kaufen immer nur alle Leute Bananen?

Gut, ich muss zugeben, dass ich auch am liebsten Bananen futtere. Die Hände werden nicht so glitschig wie bei einem Pfirsich und das Gelb der Schale sieht so schön unnatürlich aus. Ausserdem kann ich mich beim Bananen kaufen so richtig als Fachmann fühlen. Die vielen farblichen Abstufungen von grasgrün bis schwarz-gefleckt zaubern fast schon beim Auswählen die jeweilige Geschmacksnote auf meine Zunge. Man könnte stundenlang am Obststand nach der perfekten Farbe suchen.

Ich präferiere weder das pelzige Gefühl im Mund bei einer noch zu grünen, noch den mehligen, morbiden Charme der gefleckten Frucht. Die perfekte Banane liegt auf einer Skala zwischen grün (0%) und gefleckt (100%) bei 45%. Nicht mehr und nicht weniger. Ich merke dann schon beim Öffnen der Schale, ob meine Wahl richtig war.
Unreife Bananen ziehen so komische dünne Fäden, überreife knicken beim Öffnen oben an der Spitze leicht ein und machen den ersten Bissen etwas matschig.
Die Schale des perfekten Gelbobstes teilt sich beim Öffnen in exakt drei Teile. Komischerweise hat die Schale aussen immer so Kanten wie ein gebogenes 5-Kant-Prisma, das Innere der Banane ist jedoch rund. Da war jemand beim Design nicht konsequent.
Wenn man davon ausgeht, dass diese Kanten durch das Dicht-an-Dicht-liegen mit den Nachbarbananen an der Staude zustande kommen, müssten die Bananen, die ganz aussen wachsen, zumindest auf einer Seite kantenlos sein, da hier ja kein Nachbar hängt. Aufgefallen ist mir so eine Aussenbanane noch nie. Vielleicht schaffen die es aber auch einfach nicht über den Ozean, weil sie aufgrund der höheren Sonnendosis früher reifen und auf dem Frachtschiff in die Biotonne oder den Magen des Schiffsjungen wandern. Ob der noch Bananen sehen kann?
Bevor jetzt noch jemand beim Lesen einschläft: Ich mache mir jetzt noch einen halben Liter Bananenshake und halte Euch auf dem Laufenden, sobald ich mehr über diese Verschwörung der Bananen herausgefunden habe. Und wer eine dieser seltenen Aussenbananen findet, sagt's mir bitte. Es ist immer schön, eine Hypothese bewiesen zu wissen.
Seit wachsam - da ist irgendwas faul.


Ach ja, meine Top-Five-Liste von Songs für heisse Bananen-Kauf-Tage:
1. Björk - Joga
2. Moby - 18
3. Blink 182 - The Rock Show
4. Blindfold - Morcheeba
5. Sublime - Santeria

Geschrieben von Kosmonaut um 23:08 Uhr.


 
 

 
  Sonntag, Juni 16, 2002  
 

 
 
Bitte zurücktreten


Wenn einer fragen würde, was ich die letzten Monate so gemacht hätte, würde ich ihm antworten: "Ich war in der U-Bahn". Ok, nicht permanent, aber immer wieder und vor allem - immer bewusster. Diese Welt da unten ist ein eigener Mikrokosmos, ehrlich. In den Sekunden, bevor der Zug aus dem dunklen Schlund auftaucht und sein Kommen mit einem imposanten Windstoß ankündigt, habe ich manchmal das Gefühl, diese U-Welt hätte sogar ihr eigenes Wetter - genau wie die Welt dort oben.
Die wuselnden Ameisenvölker, welche die mit 70er-Jahre-Fliesen in quietschorange bedeckten Gänge bevölkern, unterscheiden sich dagegen ziemlich von den Sonnenlicht-Leuten.
Sie scheinen die meiste Zeit gar nicht richtig da zu sein. Kaum hat der Zugführer die magischen Worte "Zuuurücktreten Bitteee" gesprochen, scheint die überwiegende Mehrheit der Fahrgäste einen unsichtbaren Schalter umzulegen und sich in den Standby-Modus schalten. Die Blicke stieren ins Leere, der Mund, der vielleicht gerade noch gelächelt oder eine grimmige Ich-bin-noch-nicht-ausgeschlafen-Fratze gezogen hat, begradigt sich zu einem ausdruckslosen Strich in einem maskenhaften Gesicht.


Mir ist kürzlich der Gedanke gekommen, dass die Leute evtl. versuchen, nicht unnötig Lebenszeit zu vergeuden. So ähnlich wie bei Notebooks, die sich in Standby schalten, wenn sie gerade nichts sinnvolles zu tun haben. Und die Zeit in einem dunklen Tunnel, umgeben von fremden Menschen scheint ja recht unproduktiv zu sein. Die gesparte Lebenszeit könnte dann am Lebensende als Bonus drangehängt werden. Da kommt schon was zusammen. 10 min. einfache Fahrt pro Tag, 200 Arbeitstage pro Jahr, 40 Arbeitsjahre, das wären dann 160.000 gesparte Lebensminuten. Über 111 Tage! Ich kann mir das triumphierende Grinsen auf dem Totenbett lebhaft vorstellen. Der Tod kommt rein und meint, man solle hier auf dem Abholschein unterschreiben. Der U-Bahn-Fahrer blättert in den Unterlagen ein paar Mal wissend vor und zurück, hebt eine Augenbraue und meint: "Ich sehe hier meine 160.000 Standby-Minuten gar nicht angerechnet. Stimmt da vielleicht was nicht?". Der Tod wird dümmlich in seinen Bartstoppeln kratzen und antworten: "Ups, da haben die Kollegen in der Verwaltung wohl was übersehen. Nichts für ungut, ich komm' dann halt im Winter nochmal vorbei. Schönen Tag noch."
Und das alles wegen einem bisschen Sleep-Mode jeden Tag.


Tja, könnte natürlich passieren, dass die Verwaltung das Rabattsystem ändert und die Bonus-Minuten verfallen. Das wär' dann doch ziemlich uncool. Dann würde man sich vermutlich wünschen, anstatt Sleep-Mode manchmal den Sitznachbarn angestubbst und ihm mit einem freundlichen Lächeln einen schönen und hellen Tag gewünscht zu haben.


Wenn ich nur wüsste, wo dieser komische Sleep-Mode-Schalter ist. Einfach an einem dunklen Montagmorgen durch den Waggon schleichen und das ganze Volk wieder einschalten. Einfach so.


Ob Ihr es glaubt oder nicht: Leben ist auch in der U-Bahn möglich.

Geschrieben von Kosmonaut um 14:45 Uhr.


 
 

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